101 Gedichte aus 101 Nacht

Ein weicher Wind bläst leicht

durch die Gassen der Stadt
Der Farbe gebleicht
Wirken Häuser wie Schlösser
Menschen wie Geister
in dieser Nacht

 

Aufgewühlte Stimmen verrinnen in der Stille

Ziehe nackt und ohne Tarnung ziellos meine Bahnen

 

 

Ich irre  durch das Land,

Trage meine Seele blank und rosa auf der Hand

bin innerlich ganz angespannt

 

Ich betrachte ganz genau was außenrum um mich geschieht

Damit mein äußerstes Inneres sich nicht nach außen schiebt

Dann merk ich nämlich ganz exakt,

dass mein Problem zwar

Hand und Fuß,

doch keine Relevanz mehr hat

 

 

Ich weite die Pupillen,

 

sehe alles wie im Film

 

Mach das Popcorn auf und

 

lass mich tragen von zwei Beinen,

 

meine Augen einen Blick lang schweifen,

 

und was ich sehe,

 

hinterlässt in mir ein Zweifeln

 

 Senfzäher Schleim kriecht wabernd die Rillen der Straßen entlang
Ölige Lachen als Überbleibsel des Fortschritts,
den sie uns versprachen,
sickern schmierig in Kanäle

 
Pelzige Ratten nisten lautlos zwischen Windeln und Elektrokabeln
Da, wo Plastikwiesen auf Sperrmüllholz und abgewetzte Fließen gabeln,
grasen ein längstverlauster, rabenschwarzer Kater
und -ige wohlvergessene Mader
nächtelang nach Nahrung

 

 

Nachts gießen triefende Laternenpfahle
ihr stählernes Gold auf unsre blanke-asphaltierte,
viel flanierte Mutter-Erde

 

 

Am Bahnhof viertel nach -TS,
gähnen uns vieler Wege
träge Häuserwände

schwer ihre jämmerliche Müdigkeit entgegen
 

An bröckelnder Fassade imponiert uns hübsch und bunt verziert eine Parade aus Visagen,
ein Mosaik, geschichtet aus Gesichtern aus 101 Geschichten

 

Alle haben was zu sagen, doch hängen steif in festgesetzten, vorgeformten Waben,
traben jahrelang nach der Königinnen Nase,

 

ohne denn zu hinterfragen:
Warum sind wir hier?
Warum ist das so passiert?
Warum ist meine Realität

der deinen imitiert?
Warum tu ich das was alle tun?
Und vergess dabei mich auszuruhen?

 

Schlaf Kindlein Schlaf...
Der Mond ist ausgegangen...

im Lichterhäusermeer

 

Es ist dunkel. Zeit zu träumen,
doch eigentlich keine Zeit zu versäumen.
Wir müssen aufräumen!,
Weg mit den Bäumen,
Her mit der strahlenden Vintage-Vitrine!

 

Städtische Schaufenster lachen uns grellgelb ins Gesicht
denn Bäume weinen nicht
Schauderhafte Schaufenster schenken uns

 

ihre schönste ,unschuldigste Miene
erinnern uns daran,wie viel du oder ich,
mehr oder weniger verdiene

 

Bekommen Augen und Ohren,
winken uns mit ihrem Allerlei
herbei zu konsumieren,
scheiß egal, wie viele Tiere
für dieses Shampoo krepieren
es ist Frühling,

 

Zeit was Neues zu kreieren

 

So ächzen wir auf allen Vieren

 

vor dieser gespiegelten, gestriegelten Vitrine
Du denkst, du schaust ins Fenster rein,
doch blickt das Fenster viel tiefer in unser Sein

 

 

 

Du gehst nicht windowshopping,                       

Das window shoppt dich

 

Und wir werden zu Schaufenstern
werden zu Abbildungen von Reizen und Spiegelungen von Gier und Geizen
Diese dauernden Erneuerungen bringen uns irgendwann noch um…

 

Indes fällt der Regen tüchtig,
tüncht tunlichst die Luft in nostalgisch- fantastische Sphären
und betankt frisch die verbrauchte- plattgestampfte Erde

 

Fleisch-farbener Rauch umgarnt schmachvoll die Kamine
Schwaden von Nescafé wecken dringlich deine Endorphine
Wie stiller Donner reißt
Blaugrelles Neonlicht vom Bäckertisch
die Dunkelheit entzwei,
tränkt uns in Tatendrang,

 

Wachsamkeit und zauberhafte Einsamkeit

 

 

 

Himmelshände sieben quietschend die Wolkendecke aus
Wasser trifft melancholisch auf Pflastersteine auf
Tropfen tröpfeln tänzelnd zu

 

Bildern aus Pfützen
Wassermoleküle schwänzeln, prasseln,
halten Händchen,

 

Irgendwo steht irgendwer auf einer Schwelle…
Der Asphalt glitzert samt poliert
doch Schäden bleiben unrepariert.

 

 

 

Du schaust hinaus aus deinen melonengelben Augen
fragst dich, was soll der ganze Kram mir denn nur taugen?
Ist Luxusgut denn wirklich gut?
und ist das Echte wirklich schlechter?
Ist Plastikkauf zwar gemütlich aber denn auch nützlich,
wenn die sieben Ozeane 400 Jahre
an einer Plastikflasche nagen?

 

 

 

Wir sind schon so lang auf der Erde,
Sind zum Mond geflogen, promoviert und
pädagogisiert,

 

doch es gibt da ein Problem, dass polarisiert
warum schaffen wir es nicht einfach Mülleimer zu benutzen?

 

statt Städte und Gewässer zu verschmutzen

 

und zu welchem Nutzen?
Aus Faulheit und Gemütlichkeit?

 


Weil wir vor lauter Stadt den Wald nicht sehen?
Weil Kinder auf Beton statt auf Terrakotta- Erde gehen?
Wie soll man denn verstehen, dass es die Natur schon vor uns gab?

 

Weil wir statt Gänseblümchen, eine Datingapp befragen und

 

statt Rosen, Scheine bei uns tragen?

 

 

 

Dass Vögel und Fische an Pepsi-Dosen sterben
Das ist das, was wir vererben
Dass Flüsse erstarren,
dass Arten aufhören zu existieren
Weil wir nicht aufhören zu emittieren
Und Affen ihren Lebensraum für ein Kitkat verlieren

 

„Vom Regenwald gibt's ja schon genug!
Der Mensch ist das Ziel und Vollendung der Evolution!
Der Stärkere gewinnt, das weiß schon jedes Kind!
Der Mensch brauch Fleisch, was das für Folgen hat, das ist uns gleich!“

 

 

 

Am Rande dieser Stadt sitzen gestrandet unsere Geister,
schauen traurig in die industrieverbaute Ferne
einst Meister der Träume und Visionen,

 

Heute einfach nur verloren
die Seele fein verstaubt,
das Herz verkauft
der Macht entraubt
lebendig doch,
wie tot und ungeborenen

 

 

 

Ich irre durch das Land, trage meine Seele nass und grau verfroren auf der Hand

Eile schnell mit ihr Nachhause, denn wir brauchen eine Pause

Pack sie vorsichtig in ein Handtuch ein,

doch sie hört nicht auf zu schreien

Tupf‘ behutsam den Ruß von ihrem Haar

Geb ihr einen Kuss und sag:

Eigentlich -Eigentlich ist die Welt doch ganz wunderbar und

- Morgen, morgen machen wir es besser!